Die Geschichte der Sexualgesetzgebung, die abgründigen Pädo-Ableger der sexuellen Revolution, die Anfälligkeit der grünen Gründer und von Kypto-Liberalen, natürlich auch die Bigotterie der Konservativen bzgl. Gewalt und Vergewaltigung in der Ehe und dann die Kirchenaffären sowieso … alles wichtige und gründlich aufzuarbeitende und zu diskutierende Themen (gut übrigens, dass das alles heutzutage diskutiert werden kann).
Und als schlagzeilenträchtige Auf- und Be- und Abarbeitung von Kultur-, Parteien- und Gesetzgebungsgeschichten, mit AGIL V.I.S.D.P.-Skandal, zerknirschten „Mea Culpas grüner Moralapostel“, nem SPD-Tüp, der früher Liberaler war und dann ja auch noch für Kindersex werden daraus gleich mal sehr knackige Wahlkampfthemen … Endspurt. Diskreditieren wirkt besser als argumentieren … jedes Promille zählt.
Aber der vernachlässigte Opferschutz? Dessen Finanzierung? Die Prävention von pädophilen Straftaten? Der Umgang mit pädophilen Straftätern? Was man bildungspolitisch tun muss, um Kinder robuster zu machen? Hallo SPDCDUGRUENELINKE und meinetwegen FDP?
Kein Thema.
Warum eigentlich nicht?
Die Herren Was und Alski erörtern die aktuelle Datenlage bei Weizenbier an einem lauschigem Sommerabend.
Alski (macht sich ein Weizenbier auf):
Und? Der @Pausanias hat ja angeregt, dass wir mal was zum Thema bloggen und ein paar Fragen gemailt, die @kokolores70braucht ein bisschen Ruhe … wollen wir was bloggen?
Was (seufzt):
Ist zwar scheisseheiss, aber wir müssen wohl! Haste ja gelesen Morotovs „Preis der Heuchelei“ und die Replique in #SPON. Da kommt noch mehr …
Alski (schenkt ein):
Haben wir nicht gefühlt 100.000 Bücher zum Thema gelesen in den letzten 30 Jahren: SF, Polit-Zeugs, Non-Fiction, gefühlt über 10.000 Filme gesehen … echt jetzt: wundert Dich das?
Was (schüttelt den Kopf):
Mich wundert gar nichts. Aber wie „die“ („die“ Regierung, „die“ Opposition, „die“ Medien, „die“ alle, WIR!) damit umgehen … das macht mich fertig! Wo sind denn die Massendemos (und ich mein jetzt nicht die paar Piraten)? Wo ist der Aufschrei? Wir stecken im tiefsten Datensalat ever, der Mainstream bullshitet im Wahlkampf rum, während die „Netzbewohner“ um Hilfe rufen, weil Utopia gerade in die Binsen geht. Wenn der @sachalobo schreibt, es ist ekelhaft! , dann hat er ja SO recht … Aber Entrüstung hilft nicht! Man muss was tun!
Alski (trinkt, seufzt wohlig, wischt sich den Schaum ab):
Was willste denn machen? Server zu Pflugscharen? Die NSA-Sache ist jetzt kaum 6 Wochen public … ich bin eigentlich ganz zufrieden mit dem, was draussen passiert …
Was:
Zufrieden? Das ist DEFCON 4! für die Gesellschaft! „Draussen“? Wir stecken da mitten drin … Ahnst Du auch nur, was die über uns wissen?
Alski (trink twieder):
Im Zweifel alles und nichts.
Was:
Häh?
Alski:
Wenn wirklich alles protokolliert ist (lacht) … was dann … WAS dann? Ich würd gern mal sehen, wieviel da an Daten zusammen gekommen ist. 50 MB? 1 Gig? 10? Und überhaupt. Gesammelt wird schon immer… Dossiers im alten Preußen, Mielkes Aktenordner oder die FBI-Files … wer Tim Weiners Buch gelesen hat, für den fängt Big Data vor 1940 an … ganz ohne Server-Park.
Was:
Klar. Unsere Post liest eh keiner. Wir machen nichts Verwerfliches, sind ergo nicht betroffen, alles ist gut!? Im Grunde findest Du doch geil, was heute alles so technisch geht …
Alski:
Ist es ja auch! In kaum 20 Jahren ne technische Revolution mit zu erleben, die eine gesellschaftliche ist, GEIL! Und komm mir bitte nicht mit „heile, heile digitale Welt“, Algorithmenethik und Weltfrieden. Was technisch geht, wird gemacht. Wissensvorsprung rulez … naiv ist, wer das bezweifelt. Oder glaubt, dass sich alle an die Regeln halten. Ziemlich gut ist das dargestellt in der SZ von Ex-BND-Mann Adam. Wie derdas zu verarbeitende Mengengerüst, berechnet, hat mir gefallen. Guck mal:
Eine Fachkraft kann pro Tag kaum mehr als 50 (automatisch vorselektierte) Kommunikationen lesen, auswerten und eventuell zu operativen Empfehlungen weiterverarbeiten. Selbst bei der NSA, die sich ausschließlich auf die Erfassung elektronischer Kommunikation konzentriert, sind kaum mehr als ein Viertel des Personals mit Auswertung beschäftigt – die übrigen werden für Technik, Entwicklung, Übersetzungen und Verwaltung benötigt.
Daraus ergibt sich ein relativ klarer Schlüssel für das, was die NSA kann und was sie nicht mehr kann: Bei einem – extrem hochgegriffen – Gesamtpersonal von 200.000, würden demnach 50.000 Auswerter arbeiten und damit etwa 2,5 Millionen Kommunikationen pro Tag auswerten. Bei einem geschätzten globalen Gesamtvolumen elektronischer Kommunikation von etwa 2 Milliarden pro Tag werden also nur 0,1 Prozent ausgewertet.
Und überhaupt: Am Wissensvorsprung zu arbeiten und ihn halten, das ist doch echt nicht auf Geheimdienste beschränkt. Lang nicht! Es fing mit den Schamanen an, ging bei den Katholen weiter, die mit lateinischer Bibel das Volk schön doof – und sich durch die Beichte up to date gehalten haben … und hört doch bei Google nicht auf!
Was (flehend):
Jetzt schmeiss bitte nicht den Klugschissmodus an …
Alski:
Doch. Muss ich mal kurz – hehe:
Wir haben ja gelernt: „Wissen“ = etymologisch aus Althochdeutsch „wizzan“, was nach der 1. oder 2. Lautverschiebung – Details hab ich vergessen – in Angelsachsen zu „Wizard“ und „Witch“ wurde … also schon aus der Sprache ist einfach herleitbar, dass sich besser informierte Parteien immer nen Vorteil erzaubern werden …
Was (genervt):
Mit Verlaub: Das war keine Sternstunde der Konklusion …
Alski:
Oder denk mal an die Wissenseliten-Diskussion … wenn die Sozialdemokratie eins richtig drauf hat (schönen Gruß, @Pausanias, zu Deinen Fragen komm ich noch), dann ist es: Für bessere Wissensverteilung zu streiten. Wir wissen (sic!) doch, dass die Eliten Wissen bunkern …
Was:
Jaja, Wissen ist Macht usw. usf. Und? Noch ein Allgemeinplatz! Haben wir nicht Gesetze? Regeln? Demokratie? § XX GG? Menschenrechte? Alles ist Makulatur? Schöner Schein? Das will ich nicht. Ich habe Rechte!
Alski:
Babe, wer fragt denn, was DU willst. Und Rechte sind wackelig, wie wir wissen. Aber die Diskussion, ob
die neue Technik ein Beruhigungsmittel ist, um das Volk ruhig zu halten, ist auch nicht so neu: Fratzenfibel und Konsorten als das „neue Opium für’s Volk“. Die Wissenselite lenkt den Plebs (und die Internet-Junkies) mit geilen Gadgets ab, kann dann schön Daten absaugen, sammeln, auswerten usw. Und dabei immer unterschwellig verbreiten (singt): Du, Individuum, bist so ein kleines Licht, zwar hab ich Dein Verhalten hier, doch interessiert’s mich wirklich nicht …
Was:
Du glaubst, die Ideologie des digitalen Spießertums wird von den Eliten verbreitet? Gähn. Und wenn?
Alski:
Zugegeben, das ist auch nix neues. Was macht Apple denn anders, als seinen Kunden ein schönes einfaches Environment zu verkaufen, wo ganz egal ist, wie’s funktioniert. Strom kommt aus der Steckdose und What’s App ist ein Gerät. Irgendwie schade, dass so wenige fragen, wie’s geht. Wenn sie das aber tun – und das find ich wichtig – dann erfahren, dass sie abgehört werden können, es aber trotzdem nicht lassen, dann ist es eine freie Entscheidung des Nutzers.
Aber über Zeit wird sich Handeln ändern: entweder, indem Abhören akzeptiert, oder indem dagegen angegangen wird. In jedem Fall geht die Zahnpasta nicht mehr in die Tube zurück – großflächiges Lauschen ist public!
Diesen Wissensvorsprung den „Zauberern“ wegzunehmen, das wird so ein wichtiger Teil der „Aufklärung“ werden … da kann man dem Snowden nur auf den Knien danken. Wie auch Max Weber, der die Entzauberung der Welt so unglaublich gut erklärt.
Was:
Weber meinte das doch anders: Irgendwie so, dass der einst gläubige katholische Mensch durch die protestantische Ethik zu sich selbst zurückgeführt wurde, da bemerkt, dass es keine verlässliche „divine policy“, auf die er vertrauen kann, gibt … und dass dann so der Kapitalismus entstanden sei, weil sich der protestantische Mensch durch Anhäufen von Kapital vor Gott beweisen wolle … Als dann klar wurde, dass Gott eigentlich gar nicht wichtig ist … da war der religiöse Zauber weg, und Marx musste das Kapital schreiben.
Alski:
Selber Klugscheißer! Aber vergleichbar ist doch der Prozess: aus der Erkenntnis folgt die Veränderung. Frag Dich doch mal: wo jetzt „Snowdenia“ und Konsorten über uns hereinbrechen, werden da nicht gerade auch ein paar der neuen „Heilsbringer“ entzaubert, wird man da nicht auch fragen: wie steht’s denn mit dem Vertrauen in die Zauberer, die am Drücker stehen? Man hätt ja fast meinen können, die Welt würd durch Breitband und IPhone gerettet …
Was (trinkt wieder):
Das ist mir jetzt irgendwie eins drüber … Was ist denn Deiner Meinung nach der andere Teil? Der Aufklärung mein ich …
Alski:
Dass sich aus dem neuen Wissens neues Handeln ergibt! Erst kommt der Bruch mit dem Gewohnten, die „Entzauberung“ vermeintlicher Heilsversprechen, dann das Handeln, das sich aus dem Mehr-Wissen ergibt … ich mein, den Manchester-Kapitalismus, den Weber beschreiben wollte, gibts ja heute auch nicht mehr – den hat der Karl Marx entzaubert …
Was:
Also ist das, was gerade passiert, für Dich ein Fortschrittsdings und gar nicht „schlimm“?
Alski
„Schlimm“ ist 99. Rückschritte müssen sein. Ich finde es auf jeden Fall erst mal gar nicht so scheiße, dass das Datensammeln nun öffentlich ist, dass ein schon immer praktiziertes Herrschafts- und Wirtschaftsverhalten transparent wird. Mensch, das Internet abzuhören ist doch nichts anderes als ein technisches Update auf das, was schon immer gelaufen ist. Jetzt können sich alle überlegen, wie sie damit umgehen.
Ich guck mir das mit wachsender Begeisterung an. Höre, lese, was so gesagt und geschrieben wird … was sich „da draußen“ tut, wo ich ja nur ein bisschen „mitten drin“ bin.
Was:
Und? Hier tut sich doch GAR nichts … das ist ja das Krasse! Wie gehen wir denn damit um? Pofalla gesehen? Den Oppermann, der grad zurückrudert nach VDS usw.? Den Ströbele, der „Herrn Prism“ einen wichtigen Zeugen nennt – pah!
Alski:
Aber diese dramatische Hilflosigkeit ist doch nur ein tolles Zeichen, dass sich was bewegen wird im Handeln. Die Empörung der Internet-Bohemé, der grad die Digitale Gesellschaft unterm Arsch weg gerissen wird, zeigt das genau so, wie das sicher bald hoch poppende, verzweifelte Bemühen der Social-„Media“-Berater, die, nachdem sie ihren vermeintlichen Wissensvorsprung für tolle Tagessätze an die „Uh-Oh-Old Schooool“-Business-Kasper verkauft haben, um eine banale Facebook-Gruppe als Stein der Weisen im „Word of Mouth Marketing“ zu promoten, sich bei ihren Kunden für ihren Beitrag zum Prism-Affilate-Programm rechtfertigen dürfen.
Was:
Das ist zynisch und hilft auch nichts.
Alski:
Ich hab einfach grad mal so gar keine Veranlassung, im Chor der Wölfe des Daten-Gau-Armageddon mit zu heulen. Hilft nämlich auch nix. Handeln aus Erkenntnis sollte nicht unüberlegt sein. Erst mal richtig verstehen, was passiert.
Was:
Also erstmal den Orwell aushalten? Der Fortschritt wirds schon richten, oder wie?
Alski (schmunzelt):
Fragt uns das der @Pausanias?
Was (raschelt mit vorbereitetem Ausdruck aus dem Internet):
Nee, der weiss das ja alles auch … aber er fragt zum Beispiel: „Wie geheim muss, wie geheim darf die Arbeit von Geheimdiensten sein?“
Alski (schmunzelt mehr):
Ich würd ihn erstmal fragen, ob er echt glaubt, dass man den Begriff „geheim“ relativieren kann …
Was:
Sei doch bitte nicht so ein arrogantes Arsch. Er hat extra geschrieben, dass in seiner Mail nur erste Gedanken skizziert sind. Hier fragt er noch: „Welche Rechtsmittel gibt’s, wenn man den Geheimdienst an den Hacken hat“?
Alski:
Hmmm. Also so einen echten Inlandsgeheimdienst können wir uns ja seit der Gestapo gottlob nicht mehr leisten – da hab ich eher vor so Mollath-Sachen wie in Bayern Schiss, wenn Dir die Exekutive nen Strick dreht.
Ich würd mich auch fragen, ob man überhaupt merkt, wenn Dir einer auf den Fersen ist? Wer einen Geheimdienst an den Hacken hat, dem wird das wohl erst bewusst, wenn er sich gegen falsche Beweise wehren muss: Da hab ich – wieder mal – in einem @saschalobo-Text bei #SPON etwas sehr Schlüssiges und Beängstigendes zu gefunden … und ob, was Post Privacy Apostel @mspro sich als Gegenmaßnahme dazu ausmalt, greift … keine Ahnung.
(seufzt)
Was noch?
Was (schielt auf das Weizen):
Eins noch! Gerne!
Alski:
Ich meinte, WAS fragt sich der @Pausanias noch (reicht sich selbst trotzdem ein Bier an)?
Was:
Er fragt, wie stark er sich beobachtet fühlt gerade …
Alski:
Keine Ahnung. Muss er doch wissen …
Was:
Er schreibt, dass er versteht, dass sich nichts ändern wird, fragt sich, was seine Reaktion darauf sein soll … weil: er will ja weiter twittern und so.
Alski:
Ein Glück! (hebt sein Glas) Soll er!
Was:
Find ich auch. Aber ob er jetzt völlig post private leben muss … und da gäbe es Abstufungen beim post private (blickt etwas ratlos auf) … Das kapier ich jetzt nicht.
Alski:
Ich auch nicht. Egal. Klären wir bilateral.
Was:
Dann fragt ersich/uns noch, ob die Geheimdienste wissen, dass er kein Attentat plant … und wer die Wächter überwacht.
Alski:
Die Geheimdienste wissen doch, dass er kein Bombenleger ist (sie würden im Zweifel zumindest noch bei ihm vorbeifahren und genauer gucken, bevor sie ihn hopps nehmen, schätz ich). Und sonst lesen die das aus seiner E-Mail an uns ja jetzt als Absolutionhinweis für ihn …
Was:
Ich glaube, wir sollten das mit dem Weizen lassen. (vertraulich) Weisste noch, wie der @Pausanias 1999 in unser Büro kam mit dem Tobi, und als die wieder raus waren, was haben wir gesagt …?
Beide:
.. Langhaarige Bombenleger! (liegen sich in den Armen)
Alski:
Waren aber coole Rastas beim Tobi. Das mit den Wächtern seh ich übrigens wie gesagt so: Entzaubert sie!
Was:
Haste eben schon gesagt.
Alski:
OK, dann lass uns hier mal aufhören und damit anfangen. Projekt-Kick off jetzt: Aus der Entzauberung der neuen Mythen zum Handeln kommen … „Ta-Daaaah“. Prost Was!
Was:
Deal! Prost Alski!
(Gläser klingen, beide ab)
Wow. Die US-Serie „House of Cards“, eine von netflix produzierte Neuverfilmung einer BBC-Produktion aus den 80ern, die auch ich seinerzeit sehr genossen habe, kann was. Die kann richtig was (mehr dazu bei Frank über Kartenhäuser). Spektakuläre Inhalte, wirklich tolle Schauspieler, ansprechende Bilder … Sehr ästhetische Inszenierung. Sehr gut „gemacht“.
Und da dachte ich dann an die politischen Protagonisten hierzulande. Und deren aktuelle Inszenierung. Ob das eher holprige Bemühen des Kandidaten Steinbrück um Volksnähe hier, ob der schlechte Verkauf der Niedersachsenwahl, die Schavanplagiat-Farce, die FDP-Sexismus und -Rassimusabwehr-Bewegung da (von dem wöchentlichen Piraten-GZSZ in Popcornpiraten gar nicht zu schreiben) … Mir gut in Erinnerung geblieben auch vor ein paar Wochen Martin Lindner bei #Jauch, als hochnäsiger Immobilienmakler-Lobbyist, das sah aus wie von Moliere geschrieben.
Ich ertapp mich also dabei, den Politzirkus zunehmend wie eine große Show zu konsumieren. Anzufangen ästhetische Reize „geiler“ zu finden, als die eher wenig antagonistischen Positionen der Großparteien. Gutes „Spiel“ zu loben (Steffi Lemke in der Berliner Runde), schlechtes auszubuhen (Dobrindt a.a.O. und sonst auch). Ich hab „Popcorn!“ gerufen, als es in Niedersachsen Spitz auf Kopf stand (und mir innerlich die Hände gerieben, wie vor nem schönen Film). Überdies drücken sich mir Nahles, Roth, das PDS-Oktett, Gröhe, Ponader und Lauer, Rösler und Niebel oft schon bei der ersten Anmutung so aufs Gemüt, dass ich sie entweder wegzapp/-klick oder in innerliches Buhrufen verfalle ob der Art ihres Vortrags. Und irgendwie find ich den Steinbrück auch wegen seiner spitzen Zunge „cool“ und war ein wenig enttäuscht, wie schlecht er die Vorwürfe pariert hat. Selbst seine „Entschuldigung“ an die Partei klang wenig überzeugend.
Weil da also in letzter Zeit viel politisches „gut“, „schlecht“, „blöd“, „gefällt mir“ zusammen kam, hab ich eben mal „politische Ästhetik“ gegoogelt (irgendwie getriggert von diesem angemessenen Form-/Inhalts-Verhältnis, das eine Sache ästhetisch rund machen sollte).
Und hab Leni Riefenstahl gefunden, dann sofort an all die „schönen“ Guttenbergs, Wulffs, „Wowis“ und sonstigen Heissluftballons (und ihre Präsentation in Bild und Bunte usw.) gedacht.
Urks.
Also werd ich mal lieber konzentriert das „Was“ vom „Wie“ trennen bei Politics, auch wenn’s schwer fällt. Dass und wie das geht, zeigen Menschen wie der großartige @pausanias, der z.B. wie hier) für seine Überzeugungen mit Säbel und Florett streitet, und immer wieder Mut macht durch das Posten von gehaltvollen Sachen anderer, wie z.B. hier).
Wünschen würd ich mir (frei nach Horaz) das c): „Aut prodesse volunt aut delectare politicae aut simul et iucunda et idonea dicere vitae“ (die Politiker wollen entweder a) nützen oder b) unterhalten oder c) zugleich Erfreuliches und für das Leben Nützliches sagen).
Anfang Oktober hat Steve Yegge, Software-Entwickler bei Google, versehentlich einen für internen Gebrauch gedachten Post via Google+ veröffentlich. Obwohl dieser recht harsche Kritik über seinen Arbeitgeber enthielt,
entstand ihm bis auf weiteres kein persönlicher Schaden durch seinen Arbeitgeber (was ja nicht unbedingt zu erwarten war, wenn man bei ihm liest, wie volatil das Employment bei Internetriesen ist).
Der Post wurde sehr schnell weiter verbreitet und ist – obwohl Yegge ihn bald löschte (Erklärung warum unten im 2ten Teil) immer noch online.
Mittlerweile hat Yegge die intern begonnenen Ausführungen „öffentlich“ in einerm zweiten Teil fortgesetzt.
Ich bin begeistert von beiden Teilen (und hoffe, er setzt die Sache fort). Einerseits, weil die Texte unglaublich unterhaltsam geschrieben sind. Klar, sie bedienen die latent große Neugier nach ungefilterten „Giganten-Insights“ (wenn’s ne Web-Commerce BUNTE gäbe, wär Yegge wohl auf dem Titel diesen Monat). Doch zeigt er am Beispiel Bezos auch, wie die „großen“ Entrepeneure ticken und was sie – nach seiner Meinung – voneinander unterscheidet.
Gleichzeitig hat er viel nachdenklich Stimmendes zu diversen Sachen geschrieben, z.B. zu
SOA
Ich bin erst verblüfft gewesen, dass serviceorientierte Architektur doch funktioniert und sogar Wettbewerbsvorteil wird … dann aber auch wieder nicht, weil sie bei Amazon per „Ukas“ grundsätzlich in die DNA des Unternehmens gezwungen wurde, ein schier unglaublich hoher und langer Initialisiserungsufwand betrieben wurde … den Langmut muss man erstmal aufbringen (und die Kosten covern).
Working for the Giants
Ich war ehrlich erschrocken über die Firmenkultur bei den „Großen“. Offensichtlich baden die Mitarbeiter bei Amazon täglich in Angstschweiss, ihren pink slip zu kriegen. Dass Panik so produktiv machen kann, hätt ich nie gedacht (und kauf ich auch jetzt noch nicht) …
Präsentationsvorbereitung
Yegges Tipps im zweiten Teil zur Vorbereitung einer Bezos-Präsentation sind sicher nicht übergreifend verwendbar … sie geben aber in klarer Sprache Auskunft drüber, dass und wie man sich auf jeden Rezipienten sehr individuell vorbereiten sollte …
So hab ich den Zweiteiler mal zusammenkopiert (auch, um ihn bei Gelegenheit immer wieder nochmal am Stück zu lesen).
Obacht, Leser. Ist viel Text.
Teil 1 (gedacht for Google internal use)
I was at Amazon for about six and a half years, and now I've been at Google for that long. One thing that struck me immediately about the two companies — an impression that has been reinforced almost daily — is that Amazon does everything wrong, and Google does everything right. Sure, it's a sweeping generalization, but a surprisingly accurate one. It's pretty crazy. There are probably a hundred or even two hundred different ways you can compare the two companies, and Google is superior in all but three of them, if I recall correctly. I actually did a spreadsheet at one point but Legal wouldn't let me show it to anyone, even though recruiting loved it.
I mean, just to give you a very brief taste: Amazon's recruiting process is fundamentally flawed by having teams hire for themselves, so their hiring bar is incredibly inconsistent across teams, despite various efforts they've made to level it out. And their operations are a mess; they don't really have SREs and they make engineers pretty much do everything, which leaves almost no time for coding – though again this varies by group, so it's luck of the draw. They don't give a single shit about charity or helping the needy or community contributions or anything like that. Never comes up there, except maybe to laugh about it. Their facilities are dirt-smeared cube farms without a dime spent on decor or common meeting areas. Their pay and benefits suck, although much less so lately due to local competition from Google and Facebook. But they don't have any of our perks or extras — they just try to match the offer-letter numbers, and that's the end of it. Their code base is a disaster, with no engineering standards whatsoever except what individual teams choose to put in place.
To be fair, they do have a nice versioned-library system that we really ought to emulate, and a nice publish-subscribe system that we also have no equivalent for. But for the most part they just have a bunch of crappy tools that read and write state machine information into relational databases. We wouldn't take most of it even if it were free.
I think the pubsub system and their library-shelf system were two out of the grand total of three things Amazon does better than google.
I guess you could make an argument that their bias for launching early and iterating like mad is also something they do well, but you can argue it either way. They prioritize launching early over everything else, including retention and engineering discipline and a bunch of other stuff that turns out to matter in the long run. So even though it's given them some competitive advantages in the marketplace, it's created enough other problems to make it something less than a slam-dunk.
But there's one thing they do really really well that pretty much makes up for ALL of their political, philosophical and technical screw-ups.
Jeff Bezos is an infamous micro-manager. He micro-manages every single pixel of Amazon's retail site. He hired Larry Tesler, Apple's Chief Scientist and probably the very most famous and respected human-computer interaction expert in the entire world, and then ignored every goddamn thing Larry said for three years until Larry finally — wisely — left the company. Larry would do these big usability studies and demonstrate beyond any shred of doubt that nobody can understand that frigging website, but Bezos just couldn't let go of those pixels, all those millions of semantics-packed pixels on the landing page. They were like millions of his own precious children. So they're all still there, and Larry is not.
Micro-managing isn't that third thing that Amazon does better than us, by the way. I mean, yeah, they micro-manage really well, but I wouldn't list it as a strength or anything. I'm just trying to set the context here, to help you understand what happened. We're talking about a guy who in all seriousness has said on many public occasions that people should be paying him to work at Amazon. He hands out little yellow stickies with his name on them, reminding people "who runs the company" when they disagree with him. The guy is a regular… well, Steve Jobs, I guess. Except without the fashion or design sense. Bezos is super smart; don't get me wrong. He just makes ordinary control freaks look like stoned hippies.
So one day Jeff Bezos issued a mandate. He's doing that all the time, of course, and people scramble like ants being pounded with a rubber mallet whenever it happens. But on one occasion — back around 2002 I think, plus or minus a year — he issued a mandate that was so out there, so huge and eye-bulgingly ponderous, that it made all of his other mandates look like unsolicited peer bonuses.
His Big Mandate went something along these lines:
1) All teams will henceforth expose their data and functionality through service interfaces.
2) Teams must communicate with each other through these interfaces.
3) There will be no other form of interprocess communication allowed: no direct linking, no direct reads of another team's data store, no shared-memory model, no back-doors whatsoever. The only communication allowed is via service interface calls over the network.
4) It doesn't matter what technology they use. HTTP, Corba, Pubsub, custom protocols — doesn't matter. Bezos doesn't care.
5) All service interfaces, without exception, must be designed from the ground up to be externalizable. That is to say, the team must plan and design to be able to expose the interface to developers in the outside world. No exceptions.
6) Anyone who doesn't do this will be fired.
7) Thank you; have a nice day!
Ha, ha! You 150-odd ex-Amazon folks here will of course realize immediately that #7 was a little joke I threw in, because Bezos most definitely does not give a shit about your day.
#6, however, was quite real, so people went to work. Bezos assigned a couple of Chief Bulldogs to oversee the effort and ensure forward progress, headed up by Uber-Chief Bear Bulldog Rick Dalzell. Rick is an ex-Armgy Ranger, West Point Academy graduate, ex-boxer, ex-Chief Torturer slash CIO at Wal*Mart, and is a big genial scary man who used the word "hardened interface" a lot. Rick was a walking, talking hardened interface himself, so needless to say, everyone made LOTS of forward progress and made sure Rick knew about it.
Over the next couple of years, Amazon transformed internally into a service-oriented architecture. They learned a tremendous amount while effecting this transformation. There was lots of existing documentation and lore about SOAs, but at Amazon's vast scale it was about as useful as telling Indiana Jones to look both ways before crossing the street. Amazon's dev staff made a lot of discoveries along the way. A teeny tiny sampling of these discoveries included:
– pager escalation gets way harder, because a ticket might bounce through 20 service calls before the real owner is identified. If each bounce goes through a team with a 15-minute response time, it can be hours before the right team finally finds out, unless you build a lot of scaffolding and metrics and reporting.
– every single one of your peer teams suddenly becomes a potential DOS attacker. Nobody can make any real forward progress until very serious quotas and throttling are put in place in every single service.
– monitoring and QA are the same thing. You'd never think so until you try doing a big SOA. But when your service says "oh yes, I'm fine", it may well be the case that the only thing still functioning in the server is the little component that knows how to say "I'm fine, roger roger, over and out" in a cheery droid voice. In order to tell whether the service is actually responding, you have to make individual calls. The problem continues recursively until your monitoring is doing comprehensive semantics checking of your entire range of services and data, at which point it's indistinguishable from automated QA. So they're a continuum.
– if you have hundreds of services, and your code MUST communicate with other groups' code via these services, then you won't be able to find any of them without a service-discovery mechanism. And you can't have that without a service registration mechanism, which itself is another service. So Amazon has a universal service registry where you can find out reflectively (programmatically) about every service, what its APIs are, and also whether it is currently up, and where.
– debugging problems with someone else's code gets a LOT harder, and is basically impossible unless there is a universal standard way to run every service in a debuggable sandbox.
That's just a very small sample. There are dozens, maybe hundreds of individual learnings like these that Amazon had to discover organically. There were a lot of wacky ones around externalizing services, but not as many as you might think. Organizing into services taught teams not to trust each other in most of the same ways they're not supposed to trust external developers.
This effort was still underway when I left to join Google in mid-2005, but it was pretty far advanced. From the time Bezos issued his edict through the time I left, Amazon had transformed culturally into a company that thinks about everything in a services-first fashion. It is now fundamental to how they approach all designs, including internal designs for stuff that might never see the light of day externally.
At this point they don't even do it out of fear of being fired. I mean, they're still afraid of that; it's pretty much part of daily life there, working for the Dread Pirate Bezos and all. But they do services because they've come to understand that it's the Right Thing. There are without question pros and cons to the SOA approach, and some of the cons are pretty long. But overall it's the right thing because SOA-driven design enables Platforms.
That's what Bezos was up to with his edict, of course. He didn't (and doesn't) care even a tiny bit about the well-being of the teams, nor about what technologies they use, nor in fact any detail whatsoever about how they go about their business unless they happen to be screwing up. But Bezos realized long before the vast majority of Amazonians that Amazon needs to be a platform.
You wouldn't really think that an online bookstore needs to be an extensible, programmable platform. Would you?
Well, the first big thing Bezos realized is that the infrastructure they'd built for selling and shipping books and sundry could be transformed an excellent repurposable computing platform. So now they have the Amazon Elastic Compute Cloud, and the Amazon Elastic MapReduce, and the Amazon Relational Database Service, and a whole passel' o' other services browsable at aws.amazon.com. These services host the backends for some pretty successful companies, reddit being my personal favorite of the bunch.
The other big realization he had was that he can't always build the right thing. I think Larry Tesler might have struck some kind of chord in Bezos when he said his mom couldn't use the goddamn website. It's not even super clear whose mom he was talking about, and doesn't really matter, because nobody's mom can use the goddamn website. In fact I myself find the website disturbingly daunting, and I worked there for over half a decade. I've just learned to kinda defocus my eyes and concentrate on the million or so pixels near the center of the page above the fold.
I'm not really sure how Bezos came to this realization — the insight that he can't build one product and have it be right for everyone. But it doesn't matter, because he gets it. There's actually a formal name for this phenomenon. It's called Accessibility, and it's the most important thing in the computing world.
The. Most. Important. Thing.
If you're sorta thinking, "huh? You mean like, blind and deaf people Accessibility?" then you're not alone, because I've come to understand that there are lots and LOTS of people just like you: people for whom this idea does not have the right Accessibility, so it hasn't been able to get through to you yet. It's not your fault for not understanding, any more than it would be your fault for being blind or deaf or motion-restricted or living with any other disability. When software — or idea-ware for that matter — fails to be accessible to anyone for any reason, it is the fault of the software or of the messaging of the idea. It is an Accessibility failure.
Like anything else big and important in life, Accessibility has an evil twin who, jilted by the unbalanced affection displayed by their parents in their youth, has grown into an equally powerful Arch-Nemesis (yes, there's more than one nemesis to accessibility) named Security. And boy howdy are the two ever at odds.
But I'll argue that Accessibility is actually more important than Security because dialing Accessibility to zero means you have no product at all, whereas dialing Security to zero can still get you a reasonably successful product such as the Playstation Network.
So yeah. In case you hadn't noticed, I could actually write a book on this topic. A fat one, filled with amusing anecdotes about ants and rubber mallets at companies I've worked at. But I will never get this little rant published, and you'll never get it read, unless I start to wrap up.
That one last thing that Google doesn't do well is Platforms. We don't understand platforms. We don't "get" platforms. Some of you do, but you are the minority. This has become painfully clear to me over the past six years. I was kind of hoping that competitive pressure from Microsoft and Amazon and more recently Facebook would make us wake up collectively and start doing universal services. Not in some sort of ad-hoc, half-assed way, but in more or less the same way Amazon did it: all at once, for real, no cheating, and treating it as our top priority from now on.
But no. No, it's like our tenth or eleventh priority. Or fifteenth, I don't know. It's pretty low. There are a few teams who treat the idea very seriously, but most teams either don't think about it all, ever, or only a small percentage of them think about it in a very small way.
It's a big stretch even to get most teams to offer a stubby service to get programmatic access to their data and computations. Most of them think they're building products. And a stubby service is a pretty pathetic service. Go back and look at that partial list of learnings from Amazon, and tell me which ones Stubby gives you out of the box. As far as I'm concerned, it's none of them. Stubby's great, but it's like parts when you need a car.
A product is useless without a platform, or more precisely and accurately, a platform-less product will always be replaced by an equivalent platform-ized product.
Google+ is a prime example of our complete failure to understand platforms from the very highest levels of executive leadership (hi Larry, Sergey, Eric, Vic, howdy howdy) down to the very lowest leaf workers (hey yo). We all don't get it. The Golden Rule of platforms is that you Eat Your Own Dogfood. The Google+ platform is a pathetic afterthought. We had no API at all at launch, and last I checked, we had one measly API call. One of the team members marched in and told me about it when they launched, and I asked: "So is it the Stalker API?" She got all glum and said "Yeah." I mean, I was joking, but no… the only API call we offer is to get someone's stream. So I guess the joke was on me.
Microsoft has known about the Dogfood rule for at least twenty years. It's been part of their culture for a whole generation now. You don't eat People Food and give your developers Dog Food. Doing that is simply robbing your long-term platform value for short-term successes. Platforms are all about long-term thinking.
Google+ is a knee-jerk reaction, a study in short-term thinking, predicated on the incorrect notion that Facebook is successful because they built a great product. But that's not why they are successful. Facebook is successful because they built an entire constellation of products by allowing other people to do the work. So Facebook is different for everyone. Some people spend all their time on Mafia Wars. Some spend all their time on Farmville. There are hundreds or maybe thousands of different high-quality time sinks available, so there's something there for everyone.
Our Google+ team took a look at the aftermarket and said: "Gosh, it looks like we need some games. Let's go contract someone to, um, write some games for us." Do you begin to see how incredibly wrong that thinking is now? The problem is that we are trying to predict what people want and deliver it for them.
You can't do that. Not really. Not reliably. There have been precious few people in the world, over the entire history of computing, who have been able to do it reliably. Steve Jobs was one of them. We don't have a Steve Jobs here. I'm sorry, but we don't.
Larry Tesler may have convinced Bezos that he was no Steve Jobs, but Bezos realized that he didn't need to be a Steve Jobs in order to provide everyone with the right products: interfaces and workflows that they liked and felt at ease with. He just needed to enable third-party developers to do it, and it would happen automatically.
I apologize to those (many) of you for whom all this stuff I'm saying is incredibly obvious, because yeah. It's incredibly frigging obvious. Except we're not doing it. We don't get Platforms, and we don't get Accessibility. The two are basically the same thing, because platforms solve accessibility. A platform is accessibility.
So yeah, Microsoft gets it. And you know as well as I do how surprising that is, because they don't "get" much of anything, really. But they understand platforms as a purely accidental outgrowth of having started life in the business of providing platforms. So they have thirty-plus years of learning in this space. And if you go to msdn.com, and spend some time browsing, and you've never seen it before, prepare to be amazed. Because it's staggeringly huge. They have thousands, and thousands, and THOUSANDS of API calls. They have a HUGE platform. Too big in fact, because they can't design for squat, but at least they're doing it.
Amazon gets it. Amazon's AWS (aws.amazon.com) is incredible. Just go look at it. Click around. It's embarrassing. We don't have any of that stuff.
Apple gets it, obviously. They've made some fundamentally non-open choices, particularly around their mobile platform. But they understand accessibility and they understand the power of third-party development and they eat their dogfood. And you know what? They make pretty good dogfood. Their APIs are a hell of a lot cleaner than Microsoft's, and have been since time immemorial.
Facebook gets it. That's what really worries me. That's what got me off my lazy butt to write this thing. I hate blogging. I hate… plussing, or whatever it's called when you do a massive rant in Google+ even though it's a terrible venue for it but you do it anyway because in the end you really do want Google to be successful. And I do! I mean, Facebook wants me there, and it'd be pretty easy to just go. But Google is home, so I'm insisting that we have this little family intervention, uncomfortable as it might be.
After you've marveled at the platform offerings of Microsoft and Amazon, and Facebook I guess (I didn't look because I didn't want to get too depressed), head over to developers.google.com and browse a little. Pretty big difference, eh? It's like what your fifth-grade nephew might mock up if he were doing an assignment to demonstrate what a big powerful platform company might be building if all they had, resource-wise, was one fifth grader.
Please don't get me wrong here — I know for a fact that the dev-rel team has had to FIGHT to get even this much available externally. They're kicking ass as far as I'm concerned, because they DO get platforms, and they are struggling heroically to try to create one in an environment that is at best platform-apathetic, and at worst often openly hostile to the idea.
I'm just frankly describing what developers.google.com looks like to an outsider. It looks childish. Where's the Maps APIs in there for Christ's sake? Some of the things in there are labs projects. And the APIs for everything I clicked were… they were paltry. They were obviously dog food. Not even good organic stuff. Compared to our internal APIs it's all snouts and horse hooves.
And also don't get me wrong about Google+. They're far from the only offenders. This is a cultural thing. What we have going on internally is basically a war, with the underdog minority Platformers fighting a more or less losing battle against the Mighty Funded Confident Producters.
Any teams that have successfully internalized the notion that they should be externally programmable platforms from the ground up are underdogs — Maps and Docs come to mind, and I know GMail is making overtures in that direction. But it's hard for them to get funding for it because it's not part of our culture. Maestro's funding is a feeble thing compared to the gargantuan Microsoft Office programming platform: it's a fluffy rabbit versus a T-Rex. The Docs team knows they'll never be competitive with Office until they can match its scripting facilities, but they're not getting any resource love. I mean, I assume they're not, given that Apps Script only works in Spreadsheet right now, and it doesn't even have keyboard shortcuts as part of its API. That team looks pretty unloved to me.
Ironically enough, Wave was a great platform, may they rest in peace. But making something a platform is not going to make you an instant success. A platform needs a killer app. Facebook — that is, the stock service they offer with walls and friends and such — is the killer app for the Facebook Platform. And it is a very serious mistake to conclude that the Facebook App could have been anywhere near as successful without the Facebook Platform.
You know how people are always saying Google is arrogant? I'm a Googler, so I get as irritated as you do when people say that. We're not arrogant, by and large. We're, like, 99% Arrogance-Free. I did start this post — if you'll reach back into distant memory — by describing Google as "doing everything right". We do mean well, and for the most part when people say we're arrogant it's because we didn't hire them, or they're unhappy with our policies, or something along those lines. They're inferring arrogance because it makes them feel better.
But when we take the stance that we know how to design the perfect product for everyone, and believe you me, I hear that a lot, then we're being fools. You can attribute it to arrogance, or naivete, or whatever — it doesn't matter in the end, because it's foolishness. There IS no perfect product for everyone.
And so we wind up with a browser that doesn't let you set the default font size. Talk about an affront to Accessibility. I mean, as I get older I'm actually going blind. For real. I've been nearsighted all my life, and once you hit 40 years old you stop being able to see things up close. So font selection becomes this life-or-death thing: it can lock you out of the product completely. But the Chrome team is flat-out arrogant here: they want to build a zero-configuration product, and they're quite brazen about it, and Fuck You if you're blind or deaf or whatever. Hit Ctrl-+ on every single page visit for the rest of your life.
It's not just them. It's everyone. The problem is that we're a Product Company through and through. We built a successful product with broad appeal — our search, that is — and that wild success has biased us.
Amazon was a product company too, so it took an out-of-band force to make Bezos understand the need for a platform. That force was their evaporating margins; he was cornered and had to think of a way out. But all he had was a bunch of engineers and all these computers… if only they could be monetized somehow… you can see how he arrived at AWS, in hindsight.
Microsoft started out as a platform, so they've just had lots of practice at it.
Facebook, though: they worry me. I'm no expert, but I'm pretty sure they started off as a Product and they rode that success pretty far. So I'm not sure exactly how they made the transition to a platform. It was a relatively long time ago, since they had to be a platform before (now very old) things like Mafia Wars could come along.
Maybe they just looked at us and asked: "How can we beat Google? What are they missing?"
The problem we face is pretty huge, because it will take a dramatic cultural change in order for us to start catching up. We don't do internal service-oriented platforms, and we just as equally don't do external ones. This means that the "not getting it" is endemic across the company: the PMs don't get it, the engineers don't get it, the product teams don't get it, nobody gets it. Even if individuals do, even if YOU do, it doesn't matter one bit unless we're treating it as an all-hands-on-deck emergency. We can't keep launching products and pretending we'll turn them into magical beautiful extensible platforms later. We've tried that and it's not working.
The Golden Rule of Platforms, "Eat Your Own Dogfood", can be rephrased as "Start with a Platform, and Then Use it for Everything." You can't just bolt it on later. Certainly not easily at any rate — ask anyone who worked on platformizing MS Office. Or anyone who worked on platformizing Amazon. If you delay it, it'll be ten times as much work as just doing it correctly up front. You can't cheat. You can't have secret back doors for internal apps to get special priority access, not for ANY reason. You need to solve the hard problems up front.
I'm not saying it's too late for us, but the longer we wait, the closer we get to being Too Late.
I honestly don't know how to wrap this up. I've said pretty much everything I came here to say today. This post has been six years in the making. I'm sorry if I wasn't gentle enough, or if I misrepresented some product or team or person, or if we're actually doing LOTS of platform stuff and it just so happens that I and everyone I ever talk to has just never heard about it. I'm sorry.
But we've gotta start doing this right.
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Teil 2 (public)
Last week I accidentally posted an internal rant about service platforms to my public Google+ account (i.e. this one). It somehow went viral, which is nothing short of stupefying given that it was a massive Wall of Text. The whole thing still feels surreal.
Amazingly, nothing bad happened to me at Google. Everyone just laughed at me a lot, all the way up to the top, for having committed what must be the great-granddaddy of all Reply-All screwups in tech history.
But they also listened, which is super cool. I probably shouldn’t talk much about it, but they’re already figuring out how to deal with some of the issues I raised. I guess I shouldn’t be surprised, though. When I claimed in my internal post that “Google does everything right”, I meant it. When they’re faced with any problem at all, whether it’s technical or organizational or cultural, they set out to solve it in a first-class way.
Anyway, whenever something goes viral, skeptics start wondering if it was faked or staged. My accident was neither. While I have no proof, I can offer you what I think is the most convincing evidence: for the last six and a half years, I have never once ragged on Amazon publicly. Even just two months ago, in a keynote talk I gave at a conference, I was pretty flattering when I talked about my experiences there. I’ve always skirted any perceived shortcomings and focused on what they do well.
I still have a lot of friends at Amazon. In fact the place is chock-full of people I admire and respect. And up until now I have prided myself on my professionalism whenever I have talked about Amazon. Bagging on the company, even in an internal memo, was uncharacteristically unprofessional of me. So I’ve been feeling pretty guilty for the past week.
So. Without retracting anything I said, I’d like to paint a more balanced picture for you. I’m going to try to paint that picture via some true stories that I’ve never shared publicly. Nothing secondhand: it’s all stuff I witnessed myself there. I hope you’ll find the stories interesting, because it’s one hell of an interesting place.
Since Amazon started with Jeff, I’ll start my stories with one about Jeff.
Amazon War Story #1: Jeff Bezos
Over the years I watched people give presentations to Jeff Bezos and come back bruised: emotionally, intellectually, often career-ily. If you came back with a nod or a signoff, you were jumping for joy. Presenting to Jeff is a gauntlet that tends to send people back to the cave to lick their wounds and stay out of the sunlight for a while.
I say “presentations” and you probably think PowerPoint, but no: he outlawed PowerPoint there many years ago. It’s not allowed on the campus. If you present to Jeff, you write it as prose.
One day it came time for me to present to Jeff. It felt like… I don’t know, maybe how they swarm around you when you’re going to meet the President. People giving you last-minute advice, wishing you luck, ushering you past regiments of admins and security guards. It’s like you’re in a movie. A gladiator movie.
Fortunately I’d spent years watching Jeff in action before my turn came, and I had prepared in an unusual way. My presentation — which, roughly speaking was about the core skills a generalist engineer ought to know — was a resounding success. He loved it. Afterwards everyone was patting me on the back and congratulating me like I’d just completed a game-winning hail-mary pass or something. One VP told me privately: “Presentations with Jeff never go that well.”
But here’s the thing: I had already suspected Jeff was going to like my presentation. You see, I had noticed two things about him, watching him over the years, that others had either not caught on to, or else they had not figured out how to make the knowledge actionable.
Here is how I prepared. Amazon people, take note. This will help you. I am dead serious.
To prepare a presentation for Jeff, first make damn sure you know everything there is to know about the subject. Then write a prose narrative explaining the problem and solution(s). Write it exactly the way you would write it for a leading professor or industry expert on the subject.
That is: assume he already knows everything about it. Assume he knows more than you do about it. Even if you have groundbreakingly original ideas in your material, just pretend it’s old hat for him. Write your prose in the succinct, direct, no-explanations way that you would write for a world-leading expert on the material.
You’re almost done. The last step before you’re ready to present to him is this: Delete every third paragraph.
Now you’re ready to present!
Back in the mid-1800s there was this famous-ish composer/pianist named Franz Liszt. He is widely thought to have been the greatest sight-reader who ever lived. He could sight-read anything you gave him, including crazy stuff not even written for piano, like opera scores. He was so staggeringly good at sight-reading that his brain was only fully engaged on the first run-through. After that he’d get bored and start embellishing with his own additions.
Bezos is so goddamned smart that you have to turn it into a game for him or he’ll be bored and annoyed with you. That was my first realization about him. Who knows how smart he was before he became a billionaire — let’s just assume it was “really frigging smart”, since he did build Amazon from scratch. But for years he’s had armies of people taking care of everything for him. He doesn’t have to do anything at all except dress himself in the morning and read presentations all day long. So he’s really, REALLY good at reading presentations. He’s like the Franz Liszt of sight-reading presentations.
So you have to start tearing out whole paragraphs, or even pages, to make it interesting for him. He will fill in the gaps himself without missing a beat. And his brain will have less time to get annoyed with the slow pace of your brain.
I mean, imagine what it would be like to start off as an incredibly smart person, arguably a first-class genius, and then somehow wind up in a situation where you have a general’s view of the industry battlefield for ten years. Not only do you have more time than anyone else, and access to more information than anyone else, you also have this long-term eagle-eye perspective that only a handful of people in the world enjoy.
In some sense you wouldn’t even be human anymore. People like Jeff are better regarded as hyper-intelligent aliens with a tangential interest in human affairs.
But how do you prepare a presentation for a giant-brained alien? Well, here’s my second realization: He will outsmart you. Knowing everything about your subject is only a first-line defense for you. It’s like armor that he’ll eat through in the first few minutes. He is going to have at least one deep insight about the subject, right there on the spot, and it’s going to make you look like a complete buffoon.
Trust me folks, I saw this happen time and again, for years. Jeff Bezos has all these incredibly intelligent, experienced domain experts surrounding him at huge meetings, and on a daily basis he thinks of shit that they never saw coming. It’s a guaranteed facepalm fest.
So I knew he was going to think of something that I hadn’t. I didn’t know what it might be, because I’d spent weeks trying to think of everything. I had reviewed the material with dozens of people. But it didn’t matter. I knew he was going to blindside me, because that’s what happens when you present to Jeff.
If you assume it’s coming, then it’s not going to catch you quite as off-guard.
And of course it happened. I forgot Data Mining. Wasn’t in the list. He asked me point-blank, very nicely: “Why aren’t Data Mining and Machine Learning in this list?” And I laughed right in his face, which sent a shock wave through the stone-faced jury of VPs who had been listening in silence, waiting for a cue from Jeff as to whether he was going to be happy or I was headed for the salt mines.
I laughed because I was delighted. He’d caught me with my pants down around my ankles, right in front of everyone, despite all my excruciating weeks of preparation. I had even deleted about a third of the exposition just to keep his giant brain busy, but it didn’t matter. He’d done it again, and I looked like a total ass-clown in front of everyone. It was frigging awesome.
So yeah, of course I couldn’t help laughing. And I said: “Yup, you got me. I don’t know why it’s not in there. It should be. I’m a dork. I’ll add it.” And he laughed, and we moved on, and everything was great. Even the VPs started smiling. It annoyed the hell out of me that they’d had to wait for a cue, but whatever. Life was good.
You have to understand: most people were scared around Bezos because they were waaaay too worried about trying to keep their jobs. People in high-level positions sometimes have a little too much personal self-esteem invested in their success. Can you imagine how annoying it must be for him to be around timid people all day long? But me — well, I thought I was going to get fired every single day. So fuck timid. Might as well aim high and go out in a ball of flame.
That’s where the “Dread Pirate Bezos” line came from. I worked hard and had fun, but every day I honestly worried they might fire me in the morning. Sure, it was a kind of paranoia. But it was sort of healthy in a way. I kept my resume up to date, and I kept my skills up to date, and I never worried about saying something stupid and ruining my career. Because hey, they were most likely going to fire me in the morning.
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G+ Page Steve Yegge
Werter Freund,
man brachte mir gestern die angenehme Nachricht, daß Sie eine Antwort auf meine kleine Notiz vom 10ten Juno vorhalten würden, die ich gleich vor Ungeduld studirte.
Die begonnene Korrespondenz mit Ihnen hat meine ganze Ideenmasse in Bewegung gebracht, denn sie betraf einen Gegenstand, der – wie ich feststelle – mich seit Jahren lebhaft beschäftigt. Über so manches, worüber ich mit mir selbst nicht recht einig werden konnte, hat die Anschauung Ihres Geistes (denn so muß ich den Totaleindruck Ihrer Ideen auf mich nennen) ein unerwartetes Licht in mir angesteckt. Mir fehlte das Object, der Körper, zu mehreren speculativischen Ideen, und Sie brachten mich auf die Spur davon. Ihr beobachtender Blick, der so still und rein auf den Dingen ruht, setzt Sie nie in Gefahr, auf den Abweg zu gerathen, in den sowohl die Speculation als die willkürliche und bloß sich selbst gehorchende Einbildungskraft sich so leicht verirrt.
So erdreiste ich mich doch, Ihren Wunsch, mich zu den in einem Thema möglicherweise innewohnenden Specifica zu äußern, nur auf Umwegen anzugehen, um eine grundsätzliche Diskussion des eigentlichen Gegenstands in Vortrag zu bringen.
Mein tiefer Eindruck ist, dass der Grad des Diskurs eines Themas vom Inhalt des Themas wohl geschieden werden kann (und muss) und er grundsätzlich nicht durch specifisch den Inhalten zuzuordnenden Factoren, sondern durch Factoren, die sich außerhalb eines Inhalts vor allem durch die Beteiligten eines Diskurses, die sie antreibende Betroffenheit und die Discurswege, die ich als Infrastructuren bezeichne, bestimmet wird.
Axiomatisch möchte ich Ihnen nun zunächst die Herleitung dieser Behauptung aufzeigen, sodann eine Zusammenfassung des Gesamtgedankens und sogleich den Übertrag auf die von Euch so eindrucksvoll dargestellten Categorien zum Vortrag bringen.
Axiom
I.
Themen entstehen vorzüglich über Äußerungen von Menschen (entweder descriptiv oder wertend) zu specifischen Umständen, also stets in einem Process der Kommunikation. Was nicht geäußert/kommunizieret werde, sei folglich auch kein Thema.
II.
Bezüglich ihrer Genese zu unterscheiden seien solche Themen, die entstehen zunächst durch Äußerungen jener, die mit ihren spezifischen Umständen direct konfrontieret werden, von jenen Themen, die entstehen durch Äußerungen von Dritten über Umstände, mit denen andere konfrontieret werden.
III.
Die Bedeutung eines Themas ergebe sich zuvörderst aus dem Grad der kommunizierten individuellen Bewertung der wahrgenommenen (nicht tatsächlichen) Betroffenheit für den im Thema geäußerten Umstand durch den Betroffenen selbst oder Dritte.
IV.
Der Grad der Betroffenheit ergebe sich aus der Bewertung der Konsequenzen eines Themas für die persönliche Lebenswelt durch die vom Thema Betroffenen selbst oder Dritte, welche über die Betroffenheit anderer referieren.
V.
Jedes Thema werde vom Individuum oder Dritten sowohl in bezug auf inhaltliche als auch zeitliche Dimensionen bewertet, z.B. von sehr persönlicher (als existenzielle, das Individuum direkt und intensiv betreffende Konsequenz eines Umstands), über unmittelbare Betroffenheit (z.B. die Familie/Nachkommen oder die Gesellschaft betreffende Umstände) bis zu mittelbarer Betroffenheit (kulturelle, wissenschaftliche Umstände) sowie Nicht-Betroffenheit. Zeitlich sollen kurz-, mittel und langfristige Chancen oder Risiken eines Umstands als wesentlich postulieret seyn.
VI.
Neue Betroffenheit entstehe gewoehnlich dadurch, dass Individuen oder Dritte, die in den kommunikativen Process zu einem Thema eintreten, erst im Rahmen ihres Eintritts feststellen, dass sie persönlich, unmittelbar, mittelbar oder gar nicht vom specifischen Umstand in den beschriebenen unterschiedlichen Zeiträumen betroffen seien, also selbst beginnen, eine individuelle Bewertung vorzunehmen, die sie, im Rahmen des weiteren processualen Verlaufs, dann bestätigen, ändern oder verwerfen können.
VII.
Aufrund der Weiterentwicklung von und dem vielfätigeren Zugriff auf Kommunikations-Infrastructur (von unidirektionalen Medien, wie Druckwerk über Radio zu Television, bis zu bidirektionalen wie Text, videografische oder sich austauschende Information im Internet), über die in diesen Zeiten neue Themen in kommunikativen Prozessen entstehen, wachsen, stagnieren und vergehen, ist eine significante Steigerung der Zahl potenzieller und – nach ihrer Bewertung durch die Beteiligten – tatsächlicher Themen für alle zu messen, die Zugriff auf diese Infrastructuren haben und diese zu verwenden imstande sind.
VIII.
Das solchermaßen gewaltig gestiegene Quantum von Themen durch Nutzung moderner Kommunikationsinfrastructuren nötigt die Anwender der Infrastructur daher, permanent Entscheidungen darüber zu treffen, ob und welche Themen sie selbst direkt oder indirekt betreffen und – im positiven Fall – wie sie sich mit ihnen erst rezeptiv auseinandersetzen, um (für sich) Aussagen zu den sie betreffenden Themen zu machen und Position zu beziehen. Ist der Betroffenheitsgrad ausreichend groß (auch bei indirekten Beweggründen, wie z.B. eigenes Fachwissen in oder inhaltliche Nachfragen zu einem vorgelegten specifischen Umstand, der ein Thema werden könnte). Liegt die Fähigkeit, sich über den Umstand wertend zu äußern, in ausreichender Qualität vor, trägt der Rezipient selbst zur Fortführung des kommunikativen Prozesses bei, indem er mit anderen darüber in Kontakt tritt, etwas veröffentlicht usw..
IX.
Im Laufe der Neuzeit haben gewisse Institutionen das Selectieren von Themen für Dritte aus diversen Gründen (Medien = hochwirtschaftliche Gründe, Politik = über Meinungsbildung-/steuerung zur Macht komen) Bündelung und Steuerung von Informationen weiter professionalisiert. Dies führte auch zu einem ständigen Neuzustrom an vorbereiteten Aussagen zu spezifischen Umständen an einen variierenden Kreis von potenziellen Rezipienten. Jedes Individuum, das sich reciptiv am kommunikativen Prozess beteiligt wird mithin also einerseits zu einer vermehrten ständigen Bewertung und Einordnung von specifischen Umständen auf seine persönliche Umwelt genötigt, um sich andererseits selbst zu den für ihn relevanten Themen zu äußern … und dies ggf. öffentlich zu tun.
Conclusio
Themen werden also durch direkt Betroffene und/oder Dritte infolge einer mit inhaltlich/zeitlichen Bewertungen versehenen Äußerung zu einem spezifischen Umstand ausgelöst. Über die Art und Weise, den Kanal und die Häufigkeit der Kommunikation von und über Themen werden weitere direkt Betroffene generiert (durch ihre Wahrnehmung als die tatsächliche oder vermeintliche Erkenntnis, daß sie vom Thema betroffen sind) und/oder weitere Dritte zur Bewertung neu veranlasst. Es entsteht ein thematischer Discurs, dessen Kraft und Verlauf jeweils abhängig seinb wird von seinen Teilnehmern (also einer hinreichend großen Zahl von stark oder schwach direkt oder indirekt Betroffenen) einerseits und der Verbreitungsinfrastruktur andererseits.
Criterien für Specifica
Dies vorangangestellt, möchte ich Ihnen, lieber Freund, angesichts der nachgefragten Specifika folgende Kriterien vorschlagen, die stets unabhängig vom Inhalt zu setzen sind (wobei über das rechte Verhältnis der jeweils dargestellten a) bis c) und die Möglichkeit, dieses in einer wohlfeillen algebraischen Formel zu definieren, ich mir gegebenfalls zu einem späteren Zeitpunkt Gedanken machen werde, nicht abmessen könnend, ob ich auch das Vermögen dazu besitze).
„Keine Reaktion oder wenig Reaktion“ wird characterisiert durch
a) eine geringe Zahl der direkt/indirekten Betroffenen
b) einen geringen oder rasch sinkenden Grad der Betroffenheit ist (inhaltlich/zeitlich)
c) nicht ausreichende Reichweite im kommunikativen Prozess
„Strohfeuer“ wird characterisiert durch
a) eine sich zunächst steigend entwickelnde Zahl der direkt/indirekten Betroffenen („neue Thematik“)
b) einen rasch sinkenden Grad der Betroffenheit (z.B. ausgelöst durch andere, noch betroffener machende Themen)
c) eine Beschränkung der Reichweite für den kommunikativen Process auf wenige Kanäle
„Großfeuer“ wird characterisiert durch
a) eine stetig steigende Zahl der direkt/indirekten Betroffenen bis zur critischen (Änderung auslösenden) Masse
b) einen steigenden Grad der Betroffenheit bei den Beteiligten (auch durch Zustrom an Informationen durch neu gewonnene Betroffene)
c) eine hierdurch intendierte stetige Ausweitung der Reichweite für den kommunikativen Process
„Schwelbrand“ wird characterisiert durch
a) eine stagnierende Zahl gleichsam stark direkt/indirekt Betroffener, diese halten das Thema zwar aufrecht, finden aber keine weiteren Betroffenen
b) einen hohen Grad der Betroffenheit der aber selbstreferenziell im Kreis der Betroffenen bleibt
c) stagnierende Reichweite für den kommunikativen Prozess
Es ist somit – werter Freund – nach meiner Überlegung gar nicht entscheidend, ob ein Thema sich um die Äußerung zur Aufdeckung einer neuen Amöbenform oder den Climawandel ranket, seine Specifik – ob es im Strohfeuer verglüht oder als Großbrand wirken wird – erhält es jeweils nur durch dreierlei Factoren: die Zahl der (direkt und indirekt) Betroffenen, den Grad ihrer Betroffenheit und die Dimensionierung der Verteilungswege im kommunikativen Process.
Nachsatz
Mithin, ich hoffe, mich nicht verirrt und Sie nicht verwirrt zu haben mit obigem. Denn unbestritten hatten Sie ja bereits eingangs eine Disputation der Nuancen der Relevanz vorgeschlagen:
Was sind die spezifischen Faktoren, dass ein Thema in einer der genannten Formen behandelt werde? Sicher hat die “Relevanz” eine Schlüsselrolle inne, doch in welche Subfaktoren, ja gleichsam in welche Primfaktoren muss die “Relevanz” eines Themas zerlegt werden? Ich vermute unter ihnen “Tragweite”, “Komplexität” und das, was ich in Ermangelung eines treffenderen Wortes “Kontroversheit” nenne, doch scheinen es nicht diese allein zu sein. So sehr ich mein Denken auch darauf richte, mir wollen die letztendlichen nicht einfallen!
Meine bisherigen Einlassungen galten so zunächst der dringenden Bitte an Sie, die Inhalte selbst außer Acht zu lassen, bei unseren Betrachtungen. Ich hoffe, die Notwendigkeit dafür nun hinreichend dargestellt zu haben.
Und da Betroffenheit offensichtlich eine existenzielle Rolle spielt in dieser Causa, möchte ich vorschlagen, dass wir im folgenden einmal Ihre ursprüngliche Thematik (sic!) ein wenig deutlicher auszuleuchten versuchen. Die Nuancen der Relevanz würden daher, so es Ihnen zupaß kommt, mein Vorschlag für eine Fortsetzung unserer Correspondenz sein. Ich würde mich freuen, wenn Sie Ihre diesbezüglichen Gedanken zunächst vorstellen könnten.
Ich verbleibe in demütigster Erwartung und mit den allerbesten Wünschen an die Gnädigste und Ihre munteren Knaben.
Auf bald, der Ihrige
Wasalski
Historie
I. Erster Brief von Pausanias
Werter Freund,
Eben lese ich Ihren lieben Brief, der mir das Vergnügen unserer heutigen Zusammenkunft warm hält und mich als Ausdruck von Ihrem wahr gemachten Vorhaben aufs herzlichste erfreut. Gerne möchte ich Ihrem Vorschlag folgen und danke Ihnen aufs Innigste für die Möglichkeit, nun Gedanken zu manchem, was uns wechselseitig seit einiger Zeit unausgesprochen umtreibt, abwechselnd zur Feder zu bringen.
Die Zeit seit unserer vormaligen Korrespondenz währte auch mir zunehmend überlang; wiewohl es mir gar nicht an Umgang mit allerlei Feingesinnten und hierbei auch manch delektierlichem Gespräch fehlte, allein: es blieb ein dumpfes Gefühl der Leere an der einen oder anderen Stelle, so dass ich mir manches Mal unausgesprochen den nöthigsten Ausstausch mit Ihnen wünschte.
So hat es mir – obgleich wir am heutigen Nachmittage einen Strauß anderer Dinge anzusprechen hatten, die eher dem aktuellen Geschehen in unser beider Gedankenaustausch Rechnung zollten – das Herz aufgetan, als ich von Eurem frommen Ansinnen las, sich den Wesensheiten öffentlich ausgetragenen Diskurses noch inniger zuzuwenden, und mich in dieser Causa hinzuzubitten und um Rath zu fragen.
An Ihrer Exposition habe ich mich recht gelabt.
Es kommodiert sehr gut mit meiner grundsätzlichen Haltung zu solcherlei Fragen, daß Sie die Art des öffentlichen Diskurses einer Sache von den Spezifika eines Themas abzugrenzen beginnen – wobei – als ich nachdachte über die Tragweite dessen, was sich in diesem einen Sätzleyn ausdrücken mag, wurde mir bang.
Schien es mir auf den ersten Blicke frivol und selbstverständlich, dass die Art und Weise eines Themas in enger Weise mit dem spezifischen Umgang verwandt sei und frug ich mich kurz, in welche Richtung ich hier noch allgemein gültiges weiter zu schärfen suchen sollte.
Doch verzeiht, lieber Freund, es mag des Abends müdem Schauer geschuldet gewesen seyn, dass ich, was zwischen Euren Zeilen geschrieben stand, nicht sofort in gänzlichem Umfange zu ermessen imstande war.
Darüber sinnierend kam es mir relativ rasch vor Augen, daß Ihr in Euren Ausführungen einen sehr wichtigen Faktor nicht klar benannt haben möget, weil er Euch unausgesprochen viel deutlicher war als mir: Ich meyne – Ihr ahnt es – die beiden entscheiden Rollen im diskursiven Austausch, nämlich Kommunikator und Rezipient. Diese bestimmen ex ante doch wesentlich den Grad der Ausprägung jedweden Diskursthemas, und so auch jener Themen, die Ihr mir so beispielhaft kategorisch vor Augen führet.
„Was sind die spezifischen Faktoren, dass ein Thema in einer der genannten Formen behandelt werde?“ fragt Ihr … ich bin gewiss, daß wir hier das Feld eigentlichen Inhalts zunächst außer Betracht lassen sollten und unser Augenmerk dem zuwenden, was Kontroverse (zwischen Kommunikatoren und Rezipienten) zu aller erst auslöst im Innersten: denn ist Relevanz (für beide) oder auch Komplexität, die sich im Laufe eines Diskurses erst aufbauen mag … oder einen Diskurs gleich früh im Keime erstickt, wenn Rezipient oder Kommunikator sich im Fortgang einander nichtmehr folgen mögen, nicht zunächst und vor allem abhängig von jenen, die sich dem Diskurs ergeben?
Machen wir uns also gemeinsam auf, mein Freund, dem Prinzip der Diskursformen ein Stück auf die Spur zu kommen, beginnen wir doch zunächst vielleicht mit einigen einleitenden Überlegungen zu den sie auslösenden Protagonisten, die sich, analog zur vorzüglichen Einteilung, die Sie vorgeschlagen haben, gleichfalls werden idealtypisch skizzieren lassen.
Für heute aber muss ich es bei dieser – sehr flüchtig hingeworfenen und im Grunde Ihrer Einlassung unziemlichen – Idee belassen. Und für heute enden.
Ich schließe euch an meine Seele, Verwandter im Geiste, empfehle mich den vorzüglichen Knaben und der Frau Gemahlin aufs Allerherzlichste.
Auf Bald, der Eure
Wasalski
In eigener Sache:
Gabriele, eine liebe Freundin von mir ist vor gut acht Jahren (für immer) mit ihrer Familie (Richard, Julian und Emma) nach Christchurch/New Zealand gezogen.
Das Erdbeben hat sie und ihre Familie schwer getroffen, aber alle haben es ohne Verletzungen überstanden. Gabriele arbeitet als Krankenschwester in Christchurch. Sie fand Zeit, am Tag danach tatsächlich auf meine E-Mail zu antworten:
Thank you yes we are the lucky ones and we are ok. have no power or water at home, but at work in the moment but it is still shaking pretty badly – the aftershocks are still huge and very frequent – the computer was just nearly sliding of the desk
right now. Pretty busy with emegency surgery so i hvae to run.
Thank you for your thoughts
love
gabriele
Auf meine (kurze) Antwort, denn down under ist aktuell sicher was anderes zu tun, als Mails von Freunden zu beantworten, schrieb sie:
die Verwuestung hier is ‚overwhelming‘ and I am just in a daze . Could i please ask you a favour – could you appeal to everyone you know to donate to the Red Cross New Zealand. Hier sind tausende ohne Hauser, Wasser und ohne Jobs ung viele sind unterversichert und Sozialhilfe gibt es hier erst nach 6 Wochen es sind hie viele die nicht mal Geld haben um nahrungsmittel zu kaufen und das Rote Kreuz, Salvation Army und City Mission helfen tausenden. Vielleicht kannst Du deinen Boss fragen ob Du ein e-mail rumschicken darfst.
Vielen Dank
Gabriele
Ich hab mir gedacht, ich frag nicht nur meinen Boss, ich geb das in die Crowd:
Spendenaufruf Red Cross NZL (credit card)
Spendenaufruf Caritas Deutschlöand für Caritas Christchurch (weitere)
Besten Dank!
Wasalski
Heut abend hab ich mich beim Verlassen meines Arbeitsplatzes, dem imposanten Post-Tower in Bonn, durch die Lücke eines ca. 60cm hohen Betonmäuerchens gedrückt, das morgens noch nicht da war. Es wurde offensichtlich zur Abwehr von Terroristen um die Einfahrt des Haupteinangs herum aufgebaut.
Wobei es schon motorisierte Terroristen sein müssten, vielleicht sitzen die in einem Sprinter, wie einst in „Zurück in die Zukunft I“. Ich meine, in irgendwelchen Terrorcamp-Videos mal Vermummte beim Hürdenlauf gesehen zu haben, und, ohne jetzt wirklich Experte zu sein, schätz ich mal, für solche Gesellen wär ein derart niedriger Wall ein – bitte um Verzeihung – Katzensprung.
Besagter Sprinter dürfte aber auch kein mit Sprengstoff und einem Selbstmordattentäter vollgepackter sein, obwohl das in Terroristenkreisen ja eher eine Standard-Beladung sein soll. Denn da der Lieferwagen im Fall des Falles nur ca. 20m vor dem Eingang zum Stehen käme, würde die Wucht der Detonation eine erhebliche Wirkung auf die imposante Glasfront des Towers haben … mit mutmaßlich katastrophaler Splitterwirkung.
Das Mäuerchen würde also wohl nur einen Sprinter ohne Sprengstoff stoppen, und mit Maschinenpistolen bewaffnete und nach Stopp des Sprinters aus selbigem herausdrängende Terroristen dürften auch nicht drin enthalten sein; wegen der geringen Höhe des Mäuerchens und der Hürdenfertigkeiten besagter Attentäter.
Kurz: Das Wällchen würde wohl nur jene Terroristen stoppen, die ohne es einfach bis vor die Tür fahren, aussteigen … und wieder weg gehen würden?!
Hmmm.
Selbstverständlich schaltete auch ich nach dem Überwinden des Walls gleich mal in einen gewissen Alarmzustand. War die Zentrale der Post bedroht worden? Sind wir jetzt „primary target“?
Ich erinnerte mich auch an 9/11 und die Zeit danach, da gab es ja manchen, der den eindrucksvollen Turm am Rhein als potenzielles Ziel (Hochhaus! Glas! Einflugschneise!) einschätzte (unter anderem meine Tochter, deren Sorgen ich seinerzeit ausräumen musste).
Ich erinnerte mich auch noch an die 70er, den „schwarzen Herbst“, da war ja auch Alarm. Mit Muttern und Geschwistern sind wir da im alten R5 in eine Autobahnkontrolle geraten: MP bewehrte Polizisten, Schützenpanzer, Stau, durch’s Fenster leuchtende Taschenlampen.
Und ich dachte an Israel, und das Leben dort, in ständiger Alarmbereitschaft.
Der digitale Blätterwald unterstützt dieses mein Nachdenken ja gerade durch mächtigstes Rauschen. Und was da so steht, ist in jedem Sinne wenig beruhigend: Im SPON rüstet die Polizeit für den Ernstfall (= „es wird jeden Moment los geschlagen!“), die SZ sieht den Innenminister „an der Orgel der Angst“ (= „Offizielle Stellen in Panik/wir werden alle sterben!“)
Und ich denk erstmal: wer will denn grad wohl ernsthaft in der Haut einer Exekutive stecken, die im Stundentakt Fliegerbombenattrappen in Namibia oder verlassene Koffer in Kölle als terroristisch (y/n) bewerten muss?
Und denk zweimal: Wenn Terror „die systematische und oftmals willkürlich erscheinende Verbreitung von Angst und Schrecken durch ausgeübte oder angedrohte Gewalt, um Menschen gefügig zu machen“ ist (das meint zumindest Wikipedia), ist ein Angst verbreitendes mediales System nicht grad mal einen Tick zu produktiv im Sinne von Osama und Konsorten? Pawlowsche „Safety XXXL“ Reflexe manchen Politikers zu bewerten dagegen, ist imho der Rede bzw. Zeilen nicht wert momentan. Die sind eben so.
Dann möcht ich mich doch lieber an Ermutigendem erfreuen, wie dem heutigen Kommentar in der Online-Ausgabe der ZEIT (und danke dem @holadiho für den ermutigenden Hinweis):
„Wie also geht man mit Terror um?“ wird da gefragt.
Eine Antwort:
„Wir müssen eine heroische Gelassenheit entwickeln“, sagt Herfried Münkler, Soziologe an der Humboldt Universität Berlin. „Denn es wird auch bei uns früher oder später einen Anschlag geben. Dabei erwächst die Macht der Terroristen aus unserer eigenen Angst. Wenn wir aber die Anschläge als Unfälle ansehen, dann stellt sich heraus, dass die Terroristen uns gar nichts anhaben können.“ Wir müssen also eigentlich nur vernünftig bleiben.
Die Anschläge werden damit nicht aufhören und auch die Terrorwarnungen nicht. Doch vielleicht besinnt sich der ein oder andere Politiker, künftig weniger Unsinn zu fordern. Ganz sicher aber können wir dann nicht mehr mit unserer Angst erpresst werden und hören auf, uns aus Sorge vor dem Tod selbst zu erwürgen.“
Find‘ ich spitze. Werd ich machen! Alle mitmachen (und einfach auf diese tatsächlichen oder gedanklichen Betonhürden verzichten. Sehen Kacke aus und bringen eh nix!)
SMS von @kokolores70 18:03 am 28-09-10:
„… ich finde, Du solltest mal wieder einen Blogeintrag schreiben … Thema „mein Freund der Tinnitus“ ;o)
Alsdann
Mein Freund der Tinnitus – eine Anamnese
Als ich vor ca. 6 Jahren plötzlich ein hohes permanentes Pfeifen im rechten Ohr hatte und etwa 2 Monate später damit beim HNO-Arzt vorbeischaute, meinte der: „Tinnitus“. Ich: „Ach was?! Kann man da was machen?“ Er: „Nicht mehr. Sorgen Sie dafür, dass er Ihr Freund wird.“
Wir sind mittlerweile ziemlich dicke, der Tinnitus und ich. Als Hintergrundgeräusch bleibt er ebenda. Im Hintergrund. Ausnahme: Zu wenig Schlaf nach massivem Alkoholgenuss oder die Entspannungsphase nach Stresssituationen.
Kurz: 6 Jahre ging das wohl gut.
Letzte Woche dann mal prinzipieller Health Check bei neuer Ärztin (letzter Besuch war gefühlt 8 Jahre her). Verblüffenderweise gar kein Befund, dafür 3mal impfen (gegen praktisch alles). Ein Teufelchen flüsterte mir eine spontane Kosten-/Nutzenrechnung in Sachen jahrelange Krankenkassenbeiträge ein – irgendwas musste doch haben, dass sich das auch lohnt mit den monatlichen Abbuchungen usw.
Ich versuchte es mit Heuschnupfen-Desensibilisierung. Heuschnupfen ist bei mir seit ich 12 Jahre alt bin. Desensi hatte ich vor 10 Jahren mal begonnen, war mir dann aber zu aufwändig (2x Woche in die Praxis wegen Spritzen … ein halbes Jahr lang? Danke). Immerhin kenn ich meinen Histaminbeflügler: Gräser und Roggen. Vielleicht war die Medizin inzwischen weiter? Frau Doktor meinte: „Nein“. Und da ich zugab, dass sich die Vehemenz in den letzten Jahren deutlich verringert hätte, kamen wir überein, dass ich mich zwar desensibilisieren lassen könnte (7 Wochen je 2 Spritzen) … aber nicht müsste.
Da pfiff der Tinnitus (es war ein Frühtermin), ich erzählte wie Kollege HNO mir die Freundschaft mit ihm angeraten hatte usw., und schloss mit der Frage: „Kann man da heute was machen?“. Ihr „Ja!“ ließ mich kurz aufhorchen. Dann tat sie mir kund, dass der Kollege recht gehabt hätte, und ich den freundschaftlichen Rat des Tinnitus, der sich durch lautes Geräusch zum Ausdruck brächte, doch mal befolgen könnte: also mehr Schlaf (idealerweise ohne Alkohol) und weniger Stress wenn’s pfeift.
Alternativ bot sie mir eine Gratis-Untersuchung inklusive Einsatz des ärztlichen Vorsorgefingers an.
Ich bedankte mich und ging mit dem Tinnitus pfeifend von hinnen.
Als ich noch bei hattrick.org als Manager aktiv war (siehe auch das entsprechende PR-Archiv hier) war einer der von mir meist geschätzten ht-Manager „Honore de Ballsack“ . Sein bereits 2003 angemeldetes (und immer noch aktives) Team taufte er auf den wunderbaren Namen „Verschwörung Wuppertal“ (wobei sein Manager Nick auch nicht ohne war/ist).
Ballsack setzte damit im hattrick-Universum sein Zeichen für eine gewisse Affinität zur großen weiten virtuellen Welt der Verschwörungstheorien:
Wenn sein Team verlor, postete er: „Verschwörung!“ in Foren, Gästebüchern und auf seiner Vereins-Homepage. Als er nicht zum Nationaltrainer gewählt wurde (ich hatte ihn, mit etwa 50 anderen, gewählt, es fehlten nur ca. 2500 Stimmen): „Verschwörung!“. Als die GM (Game-Master) einen befreundeten Manager ausschlossen, der die Foren-Policy etwas dehnte: „Verschwörung!“ (Ich erinnere mich btw gerade daran, dass so die Aufforderung „GM Bett!“ entstand, die unter uns ht-Exegeten zu einer geflügelten Aufforderung wurde).
Verschwörung! also, wo er ging und spielte.
Vor einiger Zeit hab ich ja hier meine persönlich und befangene (da Postler) Meinung zum E-Postbrief zum Ausdruck gebracht … dieser Artikel hatte die unglaublichste Resonanz in der Geschichte dieses eher … naja, selbstreferenziellen Blogs (ca. 30 Klicks, ein echter Rekord), und erbrachte sogar einen ersten kritischen Kommentar, der gerne nachgelesen werden soll: Danke @Karpartenhund!).
Ganz offensichtlich neigen Teile der User Generated Content-Szene in Sachen E-Postbrief-Kampagne zum Ballsackschen Reflex (wobei ich NICHT meinen Kommentator meine). Das wundert mich nicht … gibt aber ne schöne Verschwörungsgeschichte, die ich gerne mal aufschreibe.
So fass also einfach mal paraphrasierend zusammen, was ich in den letzten Tagen zwischen den Zeilen und direkt gelesen habe, und mir aus beidem zusammenreime. Unten dann ein paar Links, die ich als Quelle zum Nachlesen anfüge.
Zur Sicherheit noch ein Disclaimer:
a) Ich bin befangen (Mitarbeiter der Deutschen Post)
b) das Folgende ist eine Geschichte (= Fiktion), inspiriert durch diverse Reaktionen auf den E-Postbrief. Wer sie glaubt kriegt nen Ballsack.
Dascha mal ’n DING–
Von einer Gruppe Manager der Deutschen Post, Geheimdienstmitarbeitern (BND, CIA usw.), unter Führung des Innnenministers, Angehörigen der Großindustrie, die endlich Spam in den Kanon ihrer Marketinginstrumente aufnehmen wollten, sowie Abmahnvereinen, die endlich gelassen auf Fristverstreichung warten wollten, damit sie nun richtig absahnen konnten, nennen wir die Gruppe der Einfachheit halber: „Die Illuminaten Next Generation“, kurz DING, wurde im Juli 2010 die größte Datenfalle der Bundesrepublik (inkl. DDR) live geschaltet.
Die perfide Absicht: Unter dem Werbe-Mäntelchen der sicheren, verbindlichen und vertraulichen Kommunikation sollten einerseits intimste Geheimnisse der bundesrepublikanischen Bürger umfassend ausgepäht, andererseits die Adressdaten dieser Bürger so gut wie möglich monetarisiert, sprich: für Werbezwecke verkauft werden. Und zahlen sollte das Ganze der Bürger (= Nutzer) auch noch selbst, indem er für banale E-Mails 55ct pro Stück berappte. Ein Beteiligungsmodell sicherte der Post zudem Erlöse aus Fristsachen, deren Termine verstrichen, weil die Bürger gar nicht jeden Tag in ihren Posteingang gucken konnten, und natürlich dem Adresshandel zu.
DING ließ sich zunächst einen hoch komplexen Registrierungsprozess einfallen, der so langwierig und umständlich war, dass jeder Bürger über die wahren Absichten im Dunkeln blieb. Durch die Trinität von Internet-Registrierung, Mobile-Tan (Handy) und kostenlosem Post-Ident Verfahren sowie einem „total schwer zu merkenden“ Passwortschutz, wollte DING sicher stellen, dass nur wirklich echte (= kontrollierbare und vermarktbare) Bürger sich mit ihren Adressen registrierten (und nicht etwa den Nutzern tatsächlichen Schutz vor Fraud geben).
Flankiert wurde das Ganze von einer umfassenden, großen Werbekampagne, die sicher stellen sollte, dass wirklich jeder Bürger mitbekam: „Hier wartet der süßeste „Honey-Pot“ der Welt auf Dich!“. Zusätzlich veröffentlichte man mehrere Seiten Allgemeine Geschäftsbedingungen, in der Gewissheit, dass die Bürger sie weder lesen noch verstehen würden. Ach ja: nicht alle DINGens sahen die Notwendigkeit dafür ein, denn als Staatsunternehmen hätte man das ja gar nicht machen müssen, und die Bürger viel einfacher einfangen können. Aber die bürokratischsten Beamten der Gruppe bestanden darauf und setzten sich durch.
So strömten die Büger zu hauf in die Datenfalle, wurden erfasst, seitens Geheimdienste schon mal gerastert, seitens Adresshandel schon mal bewertet, Fristen wurden gesetzt … allseits wurden fleißig Hände gerieben.
Doch ein kleines Grüppchen hoch aufgeklärter, umfassend juristisch geschulter und einem gerüttelt Maß an einschlägiger Erfahrung mit Geheimdiensten und Großunternehmen gesegneter Bürger, die sich massiv – und nicht immer ganz widerspruchsfrei – für Gerechtigkeit, Datenschutz und Transparenz einsetzten, rochen Lunte. Sie lasen die AGB und stellten nach der Lektüre eindeutig und unzweifelhaft fest: Hier war das „Handbuch von DING“ verborgen. Die wahre Absicht. Der total geheime Plan! Und der war jetzt offenbar!
Und dann riefen sie. Schrieben sie. Filmten sie.
Verschwörung!
Best of them (gerne auch mal in die Kommentare gucken):
Richard Gutjahr in seinem Blog:
Der E-Postbrief -Die gelbe Gefahr?
Der E-Postbrief: Post Scriptum
The Real Stories
Die Nachteile des ePost Briefs
Thomas Nesges
Das Briefgeheimnis im Internet – nicht mit dem E-Postbrief